H. Brandschutz durch Feuerverzinken

H.1 Brandschutz durch Feuerverzinken

 

Zusammenfassung:

  • Aufgrund einer geringeren Emissivität zeichnen sich feuerverzinkte Stähle im Vergleich zu unverzinkten Stählen durch ein langsameres Erwärmungsverhalten im Brandfall aus (s. hierzu auch DASt-Richtlinie 027).
  • Durch den Vorteil der langsameren Erwärmung im Brandfall ist eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (R30) vielfach mit feuerverzinkten Stahlkonstruktionen ohne zusätzlich passive Brandschutzmaßnahmen möglich.
  • Die Ermittlung der Feuerwiderstandsdauer erfolgt mittels Heissbemessung.

1. Allgemeines

Nicht selten verfehlen Stahlkonstruktionen ohne zusätzliche Brandschutzmaßnahmen eine geforderte Feuerwiderstandsklasse von R30 (früher F30), die im Brandfall für mindestens 30 Minuten eine hinreichende Tragfähigkeit verlangt. Die Folge ist, dass passive Brandschutzmaßnahmen für Stahlbauteile wie Verkleidungen, Spritzputze oder Brandschutzbeschichtungen notwendig werden. Durch eine im Werk aufgebrachte Feuerverzinkung können derartige Stahlkonstruktionen eine geforderte Feuerwiderstandsklasse von R30 oftmals erreichen. Zusätzliche passive Brandschutzmaßnahmen sind in diesen Fällen nicht mehr erforderlich.

Abb. 1: Hallenkonstruktion mit R30-Brandschutz durch Feuerverzinken.

2. Geringere Emissivität von feuerverzinktem Stahl

Die Verbesserung des Feuerwiderstands basiert auf einer geringeren Emissivität von feuerverzinkten Stählen (s. Tabelle 1). Im Vergleich zu unbehandeltem Baustahl, der im Eurocode DIN EN 1993-1-2 mit einer Emissivität von 0,7 aufgeführt ist, wurde für feuerverzinkten Stahl ein zweistufiges Emissivitätskonzept entwickelt. Bis zu einer Temperatur von 500 °C ist die Emissivität von feuerverzinktem Stahl um 50 Prozent geringer und beträgt nur 0,35.
 

Tab. 1: Die Emissivität (εm) von feuerverzinktem Baustahl (gemäß DIN EN ISO 1461 und einer Stahlzusammensetzung gemäß Kategorie A und B nach DIN EN ISO 14713-2) ist bei Temperaturen bis 500 °C um 50% geringer.

Dies entspricht bei feuerverzinkten Stählen einer Wärmeaufnahme von nur 35% der eingebrachten Strahlungsenergie, während unbehandelter Baustahl 70% der eingebrachten Strahlungsenergie aufnimmt und sich dadurch im Brandfall schneller erwärmt. Über 500°C ist die Wärmeaufnahme von feuerverzinktem Stahl und unbehandeltem Baustahl mit 0,7 identisch. Gerade in der Anfangsphase eines Brandes führt eine geringere Emissivität zu einer deutlich verzögerten Erwärmung der Bauteile. Insbesondere bei Bauteilen mit einer ausreichenden Massivität kann dieser Vorteil dazu beitragen, einen geforderten Feuerwiderstand von R30 zu erreichen.


3. Heißbemessung

Um den Brandschutz durch Feuerverzinken in der Praxis anzuwenden, muss eine sogenannte „Heißbemessung“ durchgeführt werden. Eine Heißbemessung ist eine Ingenieurmethode mit der man rechnerisch ermitteln kann, wie lange ein belastetes Bauteil einer Brandbeanspruchung standhält. Zur Vereinfachung der Heißbemessung von feuerverzinktem Stahl steht eine Toolbox mit Tabellenwerken, Euronomogrammen und einem Excel-Tool kostenlos zur Verfügung, die bei der Bemessung unterstützt. Zudem gibt es bereits ein Statikmodul eines renommierten Software-Herstellers, das den Nachweis für feuerverzinkte Stahlprofile unter Brandbeanspruchung führen kann. Mehr Informationen zur Toolbox und zur Software: www.feuerverzinken.com/brandschutz

4. Regelwerke, Stahlauswahl, Ausschreibung

Um die Brandschutzwirkung der Feuerverzinkung auch in die Regelwerke zu integrieren, hat der Deutsche Ausschuss für Stahlbau (DASt) die DASt-Richtlinie 027 „Ermittlung der Bauteiltemperatur feuerverzinkter Stahlbauteile im Brandfall“ im November 2020 herausgegeben. Die DASt-Richtlinie 027 versteht sich als Ergänzung zu den Eurocodes 3 und 4 und ermöglicht die Bestimmung der Bauteiltemperatur ungeschützter, nach DIN EN ISO 1461 feuerverzinkter Stahlbauteile auf Basis des im Eurocode 3 beschriebenen Verfahrens. Die Richtlinie gilt für Stahlbauteile gemäß EN 1090 und macht ergänzend zum Eurocode 3 Angaben zur Emissivität der Bauteiloberfläche von stückverzinkten Stahlkonstruktionen. Die in Tabelle 1 dargestellten Werte zum Emissionsgrad gelten gemäß DASt-Richtlinie 027 für feuerverzinkte Stähle, die nach DIN EN ISO 1461 feuerverzinkt wurden und sich durch eine Stahlzusammensetzung der Kategorie A und B nach DIN EN ISO 14713-2 auszeichnen. Details hierzu können dem Arbeitsblatt Feuerverzinken „B.2 Werkstoff Stahl“ (www.fv.lc/ab-b2) entnommen werden. Ergänzend ist die DASt-Richtlinie 022 „Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen“ zu berücksichtigen. Ein Musterausschreibungstext ist für den „Brandschutz durch Feuerverzinken“ ist unter www.feuerverzinken.com/brandschutz verfügbar.

5. Praxisanwendungen

Obwohl der Brandschutz durch Feuerverzinken erst seit kurzen zur Anwendung kommt, gibt es bereits eine Fülle von realisierten Projekten, die die Breite der Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis deutlich machen. Neben größeren Projekten wie Hallenkonstruktionen, Geschossbauten und Parkhausbauten zählen auch kleinere Anwendungen wie Laubengangkonstruktionen, Brandschutzwände sowie einzelne Stützen bei Um- und Neubauten dazu.

Bereits jetzt gibt es eine Fülle von realisierten Projekten, hier eine Halle mit R30-Brandschutz durch Feuerverzinken.
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